Die Chronik berichtet: niedergeschrieben von Karl Grießer (Sterns) am 16.5 1968
Im Jahre 1938, dem Jahr der Einverleibung unserer Heimat Österreich in das Großdeutsche Reich, begann für uns Auensteiner eine Zeit der Ungewissheit über Weiterbestand oder Auflösung.
Unser Chorleiter Josef Kuen war damals als Schulleiter in Oesten bei Umhausen tätig. Wir versuchten bei unserer Gemeindeverwaltung eine Überstellung an die Volksschule Ötz zu erwirken, um ihn näher in unseren Wirkungskreis zu bekommen.
Doch die damaligen NS Machthaber, Bürgermeister und Ortsgruppenleiter waren unserem Josef auf Grund seiner Vaterlandstreue nicht wohlgesinnt und unser Ansuche wurde abgelehnt. Josef wurde ein Jahr später zur Wehrmacht eingezogen, damit war der Fall für uns erledigt.
Trotzdem gaben wir nicht auf, die Auensteiner müssen weiterbestehen. Es war nicht leicht, diesen Weg weiter zu beschreiten. Einige unserer Gesangsbrüder: Josef Grießer, Hermann Kuen, Anzelini Ph. mussten den Gang zu den Waffen antreten, dadurch arg dezimiert blieb nur noch ein Torso von dem Chor übrig, dennoch versuchten wir es weiter und fanden in der Person des Schulleiters von Ötzerau Franz Winkler einen Ersatzmann.
Franz war ein ausgezeichneter Pädagoge und verstand es in kurzer Zeit aus uns einen achtbaren Chor zu formen. Gerade sein Feingefühl zum Tiroler Volkslied paukte er in wöchentlichen Proben uns gründlich ein, somit wurden wir bei folgenden Auftretungen anerkannt und auch gefordert. Es waren damals ja nur mehr wenige Chöre vorhanden. In unserem Bezirk Imst wir Auensteiner der einzige. Seine Opfer, die Franz Winkler für uns gebracht hat, müssen erwähnt werden, war doch der Weg von Ötzerau fast 2-3mal die Woche zu den Proben und Auftritten sehr aufreibend, der Rückweg zu seiner Familie meistens zeitlich in der Früh auf dem Fahrplan.
Im Herbst 1942 war auch Franz nicht mehr zu halten (Einzug zur Wehrmacht). Auch mich selbst hat es am 4. November 1942 erwischt. Bald auch bekamen wir die Nachricht vom Heldentod unserer Kameraden Grießer Josef (Pohl), Kuen Hermann (Ötzerau Mundels) und Anzelini Ph.
Von 1942 bis zum Zusammenbruch 1945 waren die Auensteiner beurlaubt. Meine Wenigkeit selber kam am 14. Mai 1944 bei Monte Casino in Italien in englische Kriegsgefangenschaft. Deportiert in die Gefangenschaft f. 3 ½ Jahre nach Ägypten. Ich hörte jahrelang nichts mehr von den Auensteinern, bis sich am 27.08 1946 ein Lichtblick für mich einstellte. Beigefügten Brief von Josef an mich möchte ich in die Chronik beifügen. Ich habe ihn fast täglich gelesen und dabei sind mir meistens die Augen übergelaufen. Andererseits habe ich wieder gedacht, schau dir diese Lumpen an, ich muss hier darben bei Durst und fürchterlichen Sonnenschein in der Nubischen Wüste. Und die zu Hause feiern trotz Niederlage, Siege nach Strich und Faden, was Küche und Keller vermag.
Lieber Karl
Voraus schicke ich, dass wir dich nach unseren Zeitungsberichten geschlossen, für gewiss in den kommenden Herbstmonaten Oktober, November erwarten.
Heute ist ein besonderer Tag: Hermann hat Hochzeit und zwar in Lochau bei Bregenz. Sandte ihm ein Telegramm: Herzlichen Glückwunsch zur Vermählung, Ötztalerisch: a Meter zrugg, ho rugg, in alter Treue die Auensteiner. Filomena Jager, Toni, Kar lund Ferdl sind hinausgefahren. Morgen abends kommen sie retour. Abend beim Stern da wirds aufgehn. Zu diesem Anlass haben wir ein Pöll-Liedchen gelernt mit folgendem Text:
Und wenn dheirates, Madl brauchst a Bettstadl
Brauchst a Spinnradl und a Wiegn
Und wenns Biabl zappelt und ummakrappelt
Brauchst a Eisengatterl bei der Stiegn
Die 3. Strophe dichteten die Auensteiner bei einem zufälligen Gläschen Wein, Ferdl machte den Anfang:
Und wie unser uener, so a Auenstueiner
Ja an solchen machen braucht an Fleiss
Brauchst nit lang studiern, tus nu glei probiern
Machen mueßt docht um jeden Preis.
Den Wein zum Abender hat er von Innsbruck herauf und am Ötztaler Bahnhof hat man ihm schon glei 7 Liter gestohlen.
Beiliegend ein Bild von und Auensteinern aus der Zeitung, aufgenommen in Sölden in Anwesenheit des franz. Generals D u t h e i. Karl und Parth Heinz war nicht dabei. Tscholl ist damals auf der Fahrt heim wärts verunglückt ( Beckenbruch, Autounfall) das wirst du schon gehört haben. Kannst dir denken, was seine Frau dazu sagte. Aber er geht schon wieder mit uns, die Sangesfreude ist doch stärker als die Tränen seiner Frau.
Am Montag, 19.8 waren wir Auensteiner in Innsbruck und haben 6 Lieder auf Tonstreifen gesungen, in der nächsten Woche werden sie wahrscheinlich im Radio übertragen, durch Innsbrucker und Vorarlberger Sender.
Auch waren wir vor ungefähr 3 Wochen in Obergurgl die Stimmung kannst du dir vorstellen, wenn du das Bild von Karl und Erwin anschaust.
Aber das kannst wissen, es gibt für uns kein Zusammensein ohne dass wir dich herbeisehen, deinen Namen nennen oder ein Gläschen auf dich und dein Wohl trinken.
Der Bau des Güterweges Ochsengarten – Küthai hat vor 14 Tagen begonnen und wir hoffen, dass heuer schon der Winterverkehr nach Küthai über Ötz geleitet wird. Von den Hollboden nach Mareil wird eine Seilbahn gebaut.
Von der Piburg ins Brandach herunter haben wir eine Schiabfahrt ausholzen lassen und hoffen im Winter eine pfunds Familienabfahrt zu haben.. Dr. Geiger prophezeit man steigenden Geschäftsgang, im Hinblick auf die zu befürchtenden Beinbrüche.
Gruß von unseren jungen Familien? Josef
Ein weiterer Zeitungsausschnitt (wahrscheinlich von Haid Georg) aus der Kriegszeit und ein Foto:
Grießer Karl (Bäckn) Schmid Hans (Puiters) Kuen Josef ?
Hans Haid Mohren) Hais Erwin (Philipn) Grießer Hermann (Bäck)
Zum Gedenken an unsere verstorbenen Mitglieder: (niedergeschrieben von Karl Grießer)
- Anton Neurauter vlg Jörgler I Bass im Feber 1943:
War Bauer und Baupolier, Kapellmeister der Musikkapelle Ötz. Jörgler war unser Senior, äußerst treffsicher mit seiner II. Bassstimme. Mit Herz und Liebe unser dabei. Wenns auch manchmal danebenging, sei es bei uns oder seiner Musikkapelle, so hatte er den Ausspruch:
TIMPN – TAMPN
So war es auch z. B. bei unserem I. Ausflug ins Zillertal – Maierhofen. Jörgler und Kuen Josef waren damals in unserem Verein die einzigen verh. Männer. Wir Jungen hatten den Abreisetermin überzogen, Grund war der Abschiedskuss einer sauberen Kellnerin im Gasthof „Rose“. Bei dieser gemeinsamen Liebesszene hat uns Jörgler überrumpelt mit seinem Ausspruch: Timpn – tampn aussi mit enk.
- Karl Tscholl II. Bass gest. 1946 an den Folgen eines Autounfalls.
War Sattler und Bauer und bei der Musikkapelle Ötz Bassbläser. Seine Bassstimme einmalig, treffsicher und bei jeder Gaudi dabei, nur einmal hatten wir Schwierigkeiten mit ihm. 1936 bei unserer Tournee nach Straßburg wurde ihm seitens seiner Femina die Teilnahme nicht bewilligt. Der Grund war: Das Kartoffelkraut ist noch nicht unter Dach gebracht.